Experimentelle Ersatzmethoden
Essenzieller Bestandteil des Projekts ist die Untersuchung des Verhaltens von Fischen bei der stromabwärts gerichteten Wanderung unter hydraulischen Bedingungen ähnlich denen in Turbinen- und Pumpeneinläufen. Es geht vor allem um Effekte starker Beschleunigung des Wassers und hoher Fließgeschwindigkeiten auf die Fische. Zusätzlich wird die modulierende Wirkung von Licht auf die Verhaltensmuster untersucht. Die Kenntnis des Fischverhaltens und damit die Charakteristik der Bewegung bei der Turbinen- und Pumpenpassage ist für die Prognose von Schädigungsrisiken als unverzichtbar anzusehen. Ethohydraulik ist das Studium sowohl der Ethologie (Verhalten) als auch der Hydraulik mit Schwerpunkt auf der Reiz-Reaktions-Beziehung für Fließgeschwindigkeit, Druck oder deren Ableitungen. Das Projekt zielt auf das Verständnis der Verhaltensauslösung am Eingang von hydraulischen Anlagen ab. Dies wird wertvolle Erkenntnisse liefern, um Fischverhalten mit Prognosemodellen vorherzusagen. Die Konzentration auf den Einlauf ist eine Folge der Annahme, dass Fische ihren Abstiegsort und ihre Geschwindigkeit reproduzierbar kontrollieren. Beobachtungen aus den Laboruntersuchungen zeigen, dass Beschleunigungen wie in der RETERO-Rinne bei Forellen bestimmte Verhaltensmuster hervorrufen. Nach Kenntnis der Autoren gibt es nur wenige Daten über das Verhalten von lebenden Fischen während der Turbinenpassage. In Feldstudien werden Turbinen üblicherweise als "Black Box" behandelt, da sie weder optisch noch akustisch zugänglich sind, während Laborstudien auf physikalische Umgebungen mit geringerem Maßstab beschränkt bleiben. Biologen vergleichen in der Regel den physiologischen Zustand von Fischen vor und nach der Passage, was eine statistische Abschätzung des Schadens ermöglicht. Dies aber nur begrenzte Einblicke in die Mechanismen, die zu den Verletzungen führen. Die im Rahmen des Projekts durchgeführten ethohydraulischen Experimente sind nur ein erster Schritt zur Abschätzung der notwendigen Verhaltensregeln. Um Reaktionsmuster zu erkennen, wurden drei Hypothesen aufgestellt und drei Designs installiert. Die ersten beiden Hypothesen besagen, dass ein longitudinaler Strömungsgradient oder Strömungsgeschwindigkeiten im Bereich der maximalen Schwimmgeschwindigkeit der Fische das Verhalten sowohl bei Tageslicht als auch bei Dunkelheit triggern. Zu diesem Zweck wurde die konisch zulaufende Geometrie gewählt, welche eine Beschleunigung in Strömungsrichtung hervorruft. Im zweiten, konstant breiten Teil des Beobachtungsbereichs werden dann maximale Geschwindigkeiten von bis zu 3 m/s erreicht. Bachforellen (Salmo trutta), die teilweise mit Biologgern ausgestattet waren, wurden in das Gerinne eingesetzt und der Fischpfad mit 3D-Videotracking ausgewertet.
Die Kombination aus Trackingdaten und numerischen Simulationen der Strömungsgrößen ermöglicht die Bestimmung von Schwellenwerten für die Strömungsgeschwindigkeit und anderer auslösender Parameter. Das Trackingsystem arbeitet mit IR-Licht, das für die Bachforellen nicht sichtbar ist. Die dritte Hypothese befasst sich mit dem Reaktionsverhalten auf transversale Fließgeschwindigkeitsgradienten. Dazu wurde im Einlaufbereich eine Umlenkwand eingesetzt welche einen starken transversalen Gradient von bis zu 1s ¹ (m/s/m) im vorderen Teil des Beobachtungsbereich erzeugt. Erste Ergebnisse zeigen eine signifikante Verhaltensänderung aufgrund des räumlichen GeschwindigkeitsgradientenAuch andere Verhaltensregeln wie eine deutliche Bevorzugung des Bodens und der Wandregionen konnten in den Versuchen festgestellt werden.
Einzelheiten zu der Biologger-Experimente und Feldstudien wurden auf der auf der Fish Passage Conference 2022 vorgestellt. Das zweite Instrument ist ein selbstfahrender Sensor (Abb. links), der sich aktiv in der Strömung ausrichtet. Diese flexiblen Fisch Fischroboter mit einem weichen Schwanz führen ein fischähnliches Bewegungsmuster eines subkarangiformen Schwimmers, angetrieben durch piezokeramische Aktoren mit 5 Freiheitsgraden. Die im Roboter implementierten Sensoren sind von ähnlicher technischer Kapazität und Bauart wie die Rucksack-Sensoren, die in den Mikrocontroller des Roboters integriert sind Mikrocontroller des Roboters über I²C-Kommunikation integriert sind. Im gegenwärtigen Zustand werden Navigationstests durchgeführt, nachdem der Optimierung des Bewegungsgesetzes der bio-inspirierten Fortbewegung durchgeführt.